Der Augenblick
Der sogenannte „Augenblick“ ist schnell verschwunden. Er war bei uns gewesen, ist plötzlich aufgetaucht wie ein Sonnenstrahl, der sich durch dicke Wolken bohrt. Der Tag besteht aus vielen „Augenblicken“, die wie ein Geist Besitz von uns ergreifen kann und unsere volle Konzentration beansprucht. Man könnte auch sagen: augenblicklich fühle ich mich wohl, das einige Stunden später, nicht mehr der Fall sein kann. Vielleicht hat man zu hart gearbeitet, dass es einem nicht mehr wohl ist und die Müdigkeit die Oberhand zu gewinnen droht. Es gibt also schöne „Augenblicke“ und weniger schöne. Das sind ein wenig in die pathologische Ambivalenz abgleitende Gefühlsbekundungen, die schwer auszuhalten sind. Das Leben ist eben eine bunte Mischung aus Etwas und Nirgends. In manchen Stunden neurotischer Art, denkt man daran den Verstand zu verlieren oder meint es zumindest. Dieses beklemmende Gefühl ist meistens ephemer und verliert sich im Laufe des Tages. Aber der Mensch kann natürlich auch aus dem Augenblick heraus herzlich lachen, wenn er eine „komische Situation“ beobachtet oder über sich selber lachen kann. Aber selbst aus dem Lachen heraus, kann das Schreien eines fremden kleinen Kindes, dieses wieder übertünchen und es kommt zu einem bizarren virtuellen wie akustischen Phänomen, das für den Erwachsenen nur schwer zu ertragen ist. Aus dem „Augenblick“ heraus, kann auch der Wunsch entstehen, sich etwas zu leisten. Zum Beispiel hat ein Mann als potenzieller Käufer Interesse an einer der neuen Fotokameras. Dann wird er „augenblicklich“ von der Kauflust gepackt und sucht hastig einen Elektronikmarkt auf, um das gute Stück Technik zu erwerben. Kinder, die bei hoch sommerlichen Temperaturen ausgelassen spielen und sich in der Nähe einer Eisdiele befinden, fordern ihre Mütter herzzerreißend „augenblicklich“ dazu auf, ein Eis zu kaufen. Gierig lecken die Kleinen an dem Eis und verspeisen es, mit größter Lust. Man kann gut erkennen, das sie ihren Spaß daran haben. Die Lust am schönen „Augenblick“ sollte dem Individuum also nicht genommen werden. Auch wenn man „augenblicklich“ tot sein könnte, wenn man plötzlich einem Gehirnschlag erliegt oder von einem vorbei fahrenden Auto überrollt wird. So wird der „Augenblick“ zum Drama und wandelt vom Leben zum Tod. Ob das Leben schöner und besser ist als der Tod, kann nicht vorausgesagt werden, denn jeder empfindet das Leben aus einer anderen Perspektive. Der eine, eher im glücklichem Sinne, der andere erlebt es tendenziell in unglücklicher Weise. Oder denken wir nur an die chronisch Kranken. Sie haben nicht die Wahl zu entscheiden, ob sie nun Schmerzen haben oder nicht. Diese können angeflogen kommen wie der Wind und selbst die besten Medikamente, können nun nicht mehr helfen. Die Kranken können vielleicht sagen:„augenblicklich“ geht es mir gut, doch das kann sich schnell wieder ändern. Also: Für jeden Menschen ist der „Augenblick“ etwas individuelles, etwas einzigartiges, das Freude sein kann, aber auch als Schmerz und Trauer empfunden werden kann. Wir sollten den“ Augen- blick“ jedoch nicht verteufeln, er wird uns ohnehin ein Leben lang begleiten und immer wieder auftauchen, in Momenten wo es uns gut ergeht oder eben weniger. Das Leben und der „Augenblick“ nimmt auf nichts Rücksicht, sie sind wie eine Walze die täglich auf uns nieder kommt. Sie können aber auch im glücklichen Sinne, uns "augenblicklich“ zum Optimisten machen und kurzfristig zu einem glücklichen Menschen werden lassen und man wäre sozusagen ein echter „Glückspilz“. Das Leben hat also so manche Überraschung für uns parat, die aus dem „Augenblick“ geboren wird. Vielleicht werden wir vom Leben überrollt und sind „augenblicklich“ verschwunden, aber dafür gibt es hoffentlich zur Zeit keine wirklichen Anzeichen.

 

Kontakt zum Autor: Wilhelm Westerkamp - nc-westerwi4@netcologne.de 

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