Schriftsteller

 

Ich bin Schriftsteller, trotzdem schreibe ich nichts. Das ist ja weiter nicht tragisch, ja normal und üblich, ein Gesundheitsminister braucht ja auch nicht gesünder als andere zu sein oder ein Elektriker elektrischer als andere. Aber das ist nicht das Entscheidende. Entscheidend, weil traurig, ist, daß ich ein ausgesprochen mittelmäßiger Schriftsteller bin. Alles das, was ich nicht schreibe, würde zwar vielleicht mit Sicherheit angenommen, aber sehr wahrscheinlich sets mit versteckten abfälligen Äußerungen begleitet werden; und diese ständige hinterhältige Erniedrigung ist es eigentlich, die meine Schriftstellerexistenz, die ich mir mit soviel Mühe und Phantasie errichtet habe, vergällt. Ich schreibe nun seit über etwa 30 Jahren nicht, fast immer nur mit mittelmäßigem Erfolg, bis auf ein Gedicht, das ich wenn ich verliebt gewesen wäre geschrieben hätte und das mich mit großer Sicherheit mit einem Schlage zum modernen Poeten gemacht hätte. Abgesehen also von diesem in der Tat bemerkenswerten Erfolg in jüngeren Jahren steckt mir meine Mittelmäßigkeit als ständiger Dorn in der Seele, macht mich mißgestimmt, er treibt mich aber andererseits stets an, weiter nicht zu schreiben; ohne ihn hätte ich aufgehört, nicht zu schreiben und meine gemütliche Schriftstellerlaufbahn hätte einen jähen und rühmlichen Anfang genommen. 

 

Kontakt zum Autor: Werner Wanitschek -  w.wanitschek@gmail.com 
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