Herbert

Jeden zweiten Donnerstag war Mediabend im Keller. Ein Meditationsabend für alle die kommen wollten, für die das interessant war. Wir kannten uns alle nur mit dem Vornamen, küssten uns zur Begrüßung immer auf die Wangen, zweimal rechts und einmal links, obwohl das nichts zu bedeuten hatte. Bei Kerzenlicht und in einem Sitzkreis versammelt kamen vom Geistigen Eingaben Herbert zu, die er aussprach. Teilweise wunderschöne Sätze und Worte an uns Menschen, die sich alle nach Liebe sehnen und nach Befreiung von Leid. 

Herbert war mein Nachbar, mitten im Leben und 44 Jahre alt. Immer schon innig mit Gott unserem Heiler verbunden, ebenso liebevoll Jesus zugeneigt.

Das war ein wichtiger Teil in seinem Leben, so kannte ich ihn als Nachbar.

Ein Haus mit Garten, und ein lauwarm geheizter Keller, ein Platz für das Besondere im Leben. 

Gerade konnte das zweite Buch von ihm verlegt werden: ,,Die Reise zum See“, dicht bepackt mit Gottes Wegweisungen und Führungen, in Kapiteln gegliedert und von IHM eingegeben. 

Vor genau einem Jahr kam Herbert aus Salzburg zurück. Hinter sich eine navigationsgestützte Glioblastomteilresektion, mehr geht nicht. Das Ganze ist furchtbar tragisch. Glioblastoma multiforme Grad IV, ein hochmaligner Gehirntumor mit infauster Prognose. Diese Sorte wächst besonders rasch, zerfrisst wahrlich gesundes Gehirngewebe, sodass man nicht den ganzen Tumor entfernen kann. Mit der heutigen Therapie leben die Betroffenen im Durchschnitt ein Jahr, aber man kann niemandem eine punktgenaue Prognose erstellen.  

TemodalÒ als Chemotherapeutikum der Wahl, das sind Tabletten zum Schlucken, parallel läuft eine Bestrahlungsserie bis zu 80Gy, jeden Tag, Montag bis Freitag, etwa 10 min., 2Gy. Das kann ambulant erfolgen. Dazu wird eine spezielle Haube angefertigt um exakt das Bestrahlungsfeld einzugrenzen. Eine Magnetresonanztomographiekontrolluntersuchung kann eine Tumorregression feststellen. Anfangs hält man sich gut über Wasser. Die körperlichen Ausfallserscheinungen, wie Halbseitenlähmung, können überwunden werden. Um epileptischen Anfällen auszuweichen bietet sich KeppraÒ an. Ein halbes Jahr am steinigen Weg, mit Jesus an der Hand und in Gottes Gnade. 

Doch der Tumor kennt keine Gnade, der Progress beginnt.

Alle zwei Wochen für einen Tag stationär zu AvastinÒ i.v., das ist der nächste Versuch. Wenn aber ,,second line“ in Anwendung, dann kann man nur noch hoffen.

Der Abbruch, es hat doch alles gar keinen Sinn, außerdem möchte Herbert zu Hause sterben. 

Das Glioblastom drückt auf das Brechzentrum, irgendwann auf das Atemzentrum, bis zur Atemdepression.

Ich habe Herbert gerne gehabt, ich habe ihn sehr gemocht, er hat mir immer Mut gemacht zu beten und an Gott zu glauben, da ER doch alles in der Hand hat und ER es gut mit uns meint.

 

Kontakt zur Autorin: Stella M. über die Literaturkneipe
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