Das Kaffeehaus
Es war etwas nach drei, als ich auf die Uhr sah. Wir kamen gerade aus dem Pädagogischen Institut in Graz, wo wir unseren ersten Präsentationsfilm, der dank H. auch eine Handlung hatte, vervollständigt hatten. Wir rechneten nicht damit, so rasch unsere Arbeiten erledigt zu haben, da wir beim ersten Mal bis um acht Uhr gearbeitet hatten. Es war klar, wir hatten etwas Gutes hergestellt. Wir entschieden uns, nicht in ein Lokal zu gehen, obwohl es das war, was ich irgendwie wollte. Im nachhinein wird klar, daß diese Entscheidung nur unserem eigenen Wohl gedient hat. Bis nach Sankt Marein kamen nur noch zwei von uns. Es war sicherlich von Vorteil, daß ich einer von diesen war, da ich zu dieser Zeit in St. Marein wohnte.

Mein Kollege war nicht abgeneigt, in ein Kaffeehaus zu gehen und so saßen wir wenig später in einem Kaffeehaus in St. Marein. Es war keines dieser einfachen Kaffeehäuser, sondern es hatte eine für ein Kaffeehaus eher dunkle Atmosphäre. Wir wählten einen bestimmten Tisch. Genausogut hätten wir den Tisch näher am Eingang wählen können, oder auch einen, der in der Ecke stand. Aber wir entschieden uns für einen ganz bestimmten. Er war mit den anderen vollkommen ident.

Unsere Gespräche hatten keinen weltbedeutenden Inhalt. Wir unterhielten uns zum Beispiel über eine Frau, die es sich zur Aufgabe gemacht hatte, uns aufgrund des SchuG zu unterrichten. Das Schreckliche dabei war wohl, daß sie auch noch dafür bezahlt wurde. Die Uhr an der Wand erklärte uns während wir sprachen, daß es bereits nach vier Uhr war und während wir uns unterhielten, schritt sie ohne zu zögern fort. Es wurde vor Fünf. Das Einzige, was sich geändert hatte bis zu diesem Zeitpunkt, war, daß eine Gruppe Jugendlicher in den Raum gekommen war. Offensichtlich stammten sie auch aus St. Marein. Ich hatte sie zuvor nie gesehen, und als mir diese Tatsache klar wurde, wurde mir klar, daß ich seit 5 Jahren in einem Ort wohnte, in dem ich niemanden in meinem Alter kannte, mit dem ich mich gerne getroffen hätte oder mit dem ich gerne ein Gespräch oder eine Diskussion geführt hätte. Ich glaube aber, daß dies nicht daran lag, daß es niemanden in meinem Alter gab, sondern eher daran, daß die Jugend in St. Marein ein für unsere damaligen Begriffe relativ niedriges Niveau hatte. Die Jugendlichen, die sich nicht irgendwo hingesetzt hatten, sondern den Ecktisch wählten, sprachen ebenfalls über Belangloses. Ich denke, mein Kollege erkannte inzwischen, daß die Zeit nicht nur für sich selbst fortschritt oder nur für einen ausgewählten Personenkreis, sondern auch für Ihn. Dies ist für mich die einzige Erklärung, warum sich jemand verabschiedet und geht.

Bevor er jedoch ging, erklärte ich ihm, und dies hing damit zusammen, daß mir klar wurde, daß ich niemanden aus meiner Gemeinde kannte, ich werde mich, nachdem er gegangen sei, zu den Jugendlichen setzen. Bei dieser Gelegenheit erzählte er mir die Geschichte, als er auf der Suche nach den Smarties war. Er erklärte mir, daß er dabei Jemanden mit dessen eigenen Schuhen erschlagen mußte. Hauptsache war doch, er hatte seine Smarties. Ich wußte, was er meinte. Als er aufstand, erhob auch ich mich. Ich begrüßte die Jugendlichen noch und ging mit meinem Kollegen hinaus auf die nasse Straße.

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