Ein Alter steht am Straßenrand,
Motorräder, Autos, rasen vorbei.
Den Gehstock zitternd in der Hand,
doch es ist keine Lücke frei.
Achtlos, auf zwei gesunden Beinen
überquert so mancher diesen Weg.
Der Alte würd' am liebsten weinen,
sehnt sich nach einem sichren Steg.
Endlich im Bus, der ruckelt an,
kein Platz mehr frei, ist Mittagszeit.
Der Alte, eingepfercht im Gang,
der Weg zum Friedhof ist nicht weit.
Die einz'ge Freude, die er noch hat,
ist, seine Resi zu besuchen,
in kühler Erde Blumengrab
im Schatten großer alter Buchen.
Ihr in stummem Zwiegespräch zu sagen,
dass Menschlichkeit so wertvoll ist.
Dass er, in seinen alten Tagen,
die Herzenswärme sehr vermisst.
Mit einmal wird ihm froh und warm,
er geht zurück zur Haltestelle.
Ein Mädchen fasst ihn sanft am Arm,
hilft dem Alten über eine Schwelle.
Im Bus, ein Junge räumt seinen Platz,
der Alte setzt sich heut sehr gerne.
Die müden Augen im matten Glanz
wandern sinnend in die weite Ferne.
Was mag er fühlen, mag er denken?
Ist Menschlichkeit doch nicht verloren?
Wir alle können Güte schenken,
ein Herz aus Stein ist niemand angeboren.
Brigitte Richter, 2011 |