Lieber Ulle

Was mache ich in Belgien?

"20 Jahre lang hast Du im Ausland Deinen Mann gestanden", schreibst Du. Ja, und waß?

Ich habe hier 3 Kinder gezeugt und großgezogen, die Französisch sprechen. Muttersprache! (Im übrigen Intelligenz vom Papa und Schönheit von der Mama.)

Als ich meinen ersten Job als Deutschlehrer bei Berlitz in Brüssel hatte, antwortete mein Vater auf Fragen, was sein Sohn beruflich mache, nur mit: "Mein Sohn ist in Brüssel tätig". Betonung auf Brüssel und tätig. Das mußte genügen. Brauchte ja keiner zu wissen, daß ich "nur" Deutschlehrer war.

Ich ließ mich dann aber bald von einem Exporteur als Verkaufsdirektor Deutschland für französische Freßwaren abwerben. In Deutschland begann damals die "Edel-Freßwelle". Ich verkaufte also Hummer, Trüffel und Langusten aus Rungis an Sterne-Restaurants von Köln bis zum Schwarzwald und lernte die Edelschuppen und ihre Tricks durch den Lieferanteneingang kennen.

Immer mußten wir die Typen vom Aachener Schlachthof schmieren, damit sie uns nicht so genau kontrollierten.

Fragte ich einmal den Oberprüfer, womit ich ihm denn eine Freude machen könne. Gänsestopfleber zum Beispiel?

"Ach wissen Sie, ich bin Veterinär. Für mich sind das kranke Lebern."

"Haben Sie vielleicht einen anderen Wunsch?"

"Ja, ehrlich gesagt, Froschschenkel, das würde mich schon mal interessieren."

Als hätte der nicht gewußt, wie grausam den armen Tieren ihre wohlschmeckenden Schenkel aus dem lebendigen Leib gerissen werden!

Ein anderer falscher Hund war der Besitzer eines Düsseldorfer Nobelrestaurants, der gehört hatte, daß wir preiswerte Gänselebern aus Israel importierten.

Jüdische Gänseleber wollte er aber nicht.

Ob wir auch französische hätten?

Ich fragte ganz naiv meinen Chef (Armenier!).

"Ja, logo."

Komme ich nächstes Mal ganz ängstlich mit der israelischen Leber an.

"Wenn das keine französische ist, kannst Du sie gleich wieder mitnehmen!"

Ich lasse ihn probieren. Als ob er die Nationalität von einem Stück Leber herausschmecken könne! Er konnte es! Er ließ kennerisch ein Stück auf der Zunge zergehen und sagte mir, der ich schon fast im Boden versunken war vor Angst:

"Okay, ich nehme drei Kilo."

Er hat also drei Kilo Gänseleber aus Israel als "echt französische" in seinem Restaurant verkauft.

Wer war jetzt der größere Schwindler, er oder ich?

Mein Chef meinte zwar immer, wer Fisch verkaufen kann, kann alles verkaufen, aber die ewige Fahrerei mit dem Lieferwagen und das Tragen von Kisten mit toten Langusten und halb- oder ganz verreckten Hummern war dann doch nichts für mich.

Kontakt zum Autor: Diether Petter - dietherpetter@yahoo.de
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